Ich bin mir durchaus dessen bewusst, dass in den letzten Jahren lateinamerikanische Rockmusik mit all ihren unterschiedlichen Facetten in Europa immer populärer geworden ist; und dass Bands wie PANTEON ROCOCO und LA VUELA PUERCO unlängst nicht mehr in kleinen Jugendzentren wie in dem meiner Heimatstadt Alfeld spielen. Dennoch hatte ich mich bis jetzt dieser Musikart noch nicht gestellt – Zeit, dies zu ändern.
Einen guten Namen bei dieser erfolgreichen Bildungskampagne hat sich vor allen Dingen das Hannoveraner Label Übersee Records gemacht, das sich auf die Fahnen geschrieben hat, in ihrer Heimat erfolgreiche Kapellen auch auf dem alten Kontinent ein Publikum zu verschaffen. Ob die ansteigende Popularitätskurve dazu beiträgt, dass immer mehr (deutsche) Schüler Spanisch-Kurse belegen wollen, sei einmal dahingestellt, allerdings scheint Spanisch ein neues Coolness-Gefühl zu vermitteln.
Zugegeben, ich bin des Spanischen überhaupt nicht mächtig, besitze rudimentäre Französisch-Kenntnisse, verstehe also kaum ein Wort, kann anhand des Akzentes auch keine Herkunft zuordnen; doch alle Bands – egal ob aus dem staubigen Mexiko oder der rauen argentinischen Pampa – verstehen ihr Handwerk aus dem Effeff, beherrschen ihre Instrumente blind, haben diese von der Pike auf gelernt. Denn Dilettanten können keine Musik machen, bei der nicht selten auf sieben bis acht Mitmusiker geachtet werden und sich auf diese eingestellt werden muss.
ROCOLA BACALAO – was laut Promo soviel heißt wie „Rum-Cola Chef-Boss“, na denn Prost – sind eine neunköpfige Großfamilie aus der ecuadorianischen Hauptstadt Quito, die bemerkenswerte 2850 m über N.N. Liegt. Wo normalerweise brasilianischen und argentinischen Fußballvereinen und Nationalmannschaften in schönster Regelmäßigkeit die Puste wegbleibt und sie gedemütigt ihren Weg nach Hause antreten müssen, atmen ROCOLA BACALAO zuerst einmal tief ein, dann in ihre breite Bläserfront wieder aus und schon beginnt die ausgelassene und schweißtreibende Fiesta. Dass die Combo seit 2001 nicht nur in Ecuador und Südamerika zu den ganz Großen gehört, beweist der Umstand, dass ihr neues Album von Grammy-Gewinner Tweety González (Shakira) produziert wurde und 2010 vom 17.-31. Mai bereits die dritte Europa-Tournee für die Ecuadorianer stattfindet.
ROCOLA BACALAO kreieren auf „Infierno“ einen abwechslungsreichen Mix aus unterschiedlichsten südamerikanischen Stilen und Rhythmen, angereichert mit einer Menge Ska und einer Priese Punkrock. Mal wild tanzend, mal brachial pogend, mal leidenschaftlich schmachtend. Für Fans von Latin-Rock und solche, die es werden wollen, uneingeschränkt empfehlenswert. Ich jedenfalls bin schwer begeistert und muss mich unbedingt informieren, wann die Volkshochschule ihren nächsten Spanisch-Kurs anbietet.