Ein flüchtiger Blick ist täuschend. Dischord Records aus Washinton D.C., unter anderem gegründet von Ian MacKaye (MINOR THREAT / FUGAZI), brachte die erste 7“ der TITLE TRACKS heraus. Aktuelle und ehemalige Bandmitglieder von THE LOVED ONES sowie KID DYNAMITE wirken hier mit. Man könnte glatt eine melodische Hardcore-Scheibe erwarten. Doch dann verharren die Augen bei Bandnamen wie Q AND NOT U und GEORGIE JAMES und leiten ans Gehirn weiter, dass das mit dem Hardcore wohl nichts wird. Und das ist auch gut so.
John Davies ist ein musikalisch fleißiger Mensch. Der Schlagzeuger der mittlerweile aufgelösten Experimental-Combo Q AND NOT U, der später bei GEORGIE JAMES dem Indie-Pop frönte, ist seit 2008 ständig dabei, Songs zu schreiben, sie aufzunehmen und zu betouren. Zuerst erschienen „Every Little Bit Hurts“ und „Found Out“ auf einer 7“, 2010 waren beide Tracks auf dem Debüt „It was easy“ zu hören. Nun, ein Jahr später, folgt „In blank“. Beide LPs erscheinen in den USA bei Ernest Jenning Records, hierzulande bei Gunner Records.
Dieses rastlose Treiben war bestimmt durch Alleingänge John Davies´, Erkenntnisse, dass man doch Mitmusiker brauche, erneute Gehversuche als Einzelkünstler bis hin zur Rückkehr zur Band, die sich in ihren Mitgliedern auch ständig ändert. Einzige Konstante allein bleibt: John Davies.
Das ältere Werk „It was not easy“ verkörpert melodischen Indie-Pop, der an manchen Stellen wie bei „Every Little Bit Hurts“, „Steady Love“ oder „Found Out“ eine Prise Rock abbekommen hat. „NO, Girl“ gibt Offbeat-Passagen inklusive Saxophon zum Besten, wonach „Black Bubblegum“ und „It was easy“ an Flower-Power-Pop aus den 1960ern erinnern. „Hello There“ ist eine lässige Disco-Tanznummer, „Tougher Than The Rest“ ein melancholisches SPRINGSTEEN-Cover, „She don´t care about time“ ein melodisches von den BYRDS.
Das neue Opus ist weniger abwechslungsreich als sein Vorgänger, dafür aber umso einprägsamer und etwas dreckiger. Mit dem Einsatz des dominanten Basses beim Opener „Shaking Hands“ wird klar, dass „In blank“ eine Indie-Rock-Platte zum Tanzen ist. Und spätestens bei „Turn your Face“ dürfte man auf der Tanzfläche sein oder aber, sofern man mit dem Auto unterwegs ist, das Gaspedal nach unten drücken: am besten im Cabrio mit ordentlich Wind im Haar.
„In blank“ nimmt den Groove der 1960er, der auch auf „It was easy“ zu spüren war, wieder auf, nicht zuletzt durch das THE FLAMING´ GROOVIES-Cover „I can´t hide“. Darüber hinaus hört man in den rockigen Momenten angenehme Parallelen zu Elvis Costello oder alten R.E.M. zu Zeiten von „Lifes Rich Pageant“ oder „Document“, bei ruhigeren Passagen entdeckt man hingegen Verwandtschaften zu „It´s a Shame about Ray“ und „Come on feel“ von den LEMONHEADS.
Wider Erwarten sind TITLE TRACK zu einer meiner meistgehörten Bands des Frühlings geworden; und gemessen an der musikalischen Überschwemmung, an der ich gerade leide, ist das durchaus bemerkenswert. Ich und viele andere würden sich freuen, wenn ihr diese Entdeckung nachvollziehen würdet.
Für Vinyl-Sammler: Erstauflage von „It was easy“ gibt es auf blauem, „In blank“ auf gelbem Vinyl. Beide Scheiben gibt es wie bei Gunner mittlerweile üblich inklusive DL-Code. Je 100 handnummerierte Siebdruckversionen in Clear und Grün sollen noch kommen. Zugreifen!