Eigentlich ist es ja total gemein. Es ist total gemein, ATLAS LOSING GRIP immer auf die SATANIC SURFERS zu reduzieren. Doch letztendlich ist die Band für diesen Vergleich selbst verantwortlich – und er drück vielmehr Bewunderung als Anklage aus. Grund hierfür ist der Einstieg von Rodrigo Alfaro in die Band, die 2008 mit „Shut the World out“ bereits ein erstes Lebenszeichen gesetzt hatte, jenem Rodrigo Alfaro, der als ehemaliger Schlagzeuger und Sänger der SURFERS mit seine politischen Texten und seiner charmant-melodischen Stimme unverwechselbar wie nur wenige andere war und ist.
Mit der 2009er-EP „Watching the Horizon“, hierzulande bei Horrorbiz veröffentlicht, begaben sich ATLAS LOSING GRIP mit Hilfe ihres neuen Sängers auf das nächste Level – und manch ein Rezensent und Zuhörer um die 30 fühlte sich zurückversetzt in die Jugend der 90er, als schwedischer Skate-Punk von Bands wie MILLENCOLIN, NO FUN AT ALL, VENEREA oder PRIDEBOWL sowie Labels wie Burning Heart und Bad Taste neue Trends setzten und dem amerikanischen Duo Epitaph und Fat Wreck zuwinkten.
Das krankhafte Flehen nach einem ganzen Album wurde erhört. Und mit 13 Songs in etwas über 40 Minuten ist das Medikament Punkrock Marke ATLAS LOSING GRIP auch recht lang anhaltend und sofort wirkend ausgefallen. Schon der Opener „Logic“ zeigt in seiner Anknüpfung an die EP, warum man vor zwei Jahren sofort begeistert war: Treibende Drums, präzise Gitarren und herrliche Gesangsmelodien, wunderbar eingehüllt in die Produktion von Mastermind Jason Livermore, der schon manch eine Punk-Scheibe veredelt hat, dringen aus den Boxen. Dass im weiteren Verlauf wenige Stücke eine Ausnahmestelle einnehmen, vielleicht noch die Video-Single „All in a Day´s Work“, „Unrest“ oder „Closer to the End“, sondern vielmehr das Album in seiner Ganzheit zu begeistern weiß, sollte sich nicht als nachteilig erweisen.
„State of Unrest“ ist das bisher beste und wichtigste melodische Punk-Album dieses Jahres. Weit vor RISE AGAINSTs „Endgame“. Und warum? Weil es der Szene…wobei, Szene ist das falsche Wort, die hat es nie gegeben, auch nicht in den 90ern…weil es den jungen und alten Punkrockern, Skate- und Melody-Core-Liebhabern zeigt, dass gute Musik jenseits des Mainstreams möglich ist…und dass sie aus Europa stammen kann. Wobei: es ist schon erstaunlich, was die Schweden musikalisch so alles hinkriegen. Super Scheibe, erhältlich als CD im schicken Digipack und auf schwarzem Vinyl im Gatefold, allerdings leider ohne DL-Code.