Nothington – Borrowed Time

Im Punkuniversum wird das Quartett aus der Bay-Area um die ehemaligen TSUNAMI BOMB Mitglieder Jay Nothington und Gabriel Lindemann derzeit gehörig gefeiert: trifft doch ihr kratziger und gleichzeitig melodischer Punk den Nerv der Zeit und ist für viele ein Gegenentwurf zu manch einer glattgebügelten Pop-Punk-Kapelle. Kein Wunder, dass sie ständig auf Tour sind und man sich fragt, woher sie die Zeit nehmen, neue Stücke zu schreiben. Vielleicht wird sie ihnen geliehen.

Zwei Jahre sind einmal mehr rum – und das bedeutet im Punkuniversum, dass ein neues Album geboren wird. Nach dem 2007er Debüt „All in“ und dem 2009er Zweitwerk „Roads, Bridges and Ruins“ – beide auf BYO Records, dem Kultlabel der Stern-Brüder und YOUTH BRIGADE-Gründer, erschienen – erblickt nun „Borrowed Time“ das Licht der Welt, diesmal allerdings bei den Chicagoern von Red Scare Industries. Zuvor gab es noch eine 7inch mit vier akustischen Nummern.

Und auch auf der neusten LP machen NOTHINGTON sehr wenig falsch und vieles richtig: ohne großen Schnickschnack und straight nach vorne werden die elf Songs in rund 33 Minuten runtergerockt. Eine kratzige Stimme, wie wir sie durch Chuck Ragan und Chris Wollard von HOT WATER MUSIC oder Frankie Stubbs von LEATHERFACE lieben gelernt haben. Ein Gefühl für amerikanische Country-Elemente, von denen uns SOCIAL DISTORTION seit jeher erzählen. Und letztendlich ein riesengroßer Schlag Rock´n´Roll, der zeitloser nicht sein kann. Allein dass eine Weiterentwicklung ausbleibt, mag man den vier Herren vorwerfen, aber wer erwartet das angesichts solcher Hymnen wie „To hold on“ und „St. Andrews Hall“ schon ernsthaft in diesem Genre?

Insofern sollte man nicht meckern, sondern sich für die geliehene, ja geschenkte Zeit, die wir mit NOTHINGTON verbringen können, bedanken. Wer AGAINST ME! mag und nicht in die Bon-Jovi-Beleidigungen verfällt, GASLIGHT ANTHEM seit dem Debüt liebgewonnen hat, sich regelmäßig Releases aus dem Hause No Idea zulegt und gerne mal zum Fest nach Gainesville reisen möchte, gern Midwestern-Punk hört und ebenso weiß, wer RED CITY RADIO und BLACKLIST ROYALS sind sowie sich über das Comeback von FACE TO FACE freut, der wird sich „Borrowed Time“ sowieso kaufen. Allen anderen Punkrock-Freunden seien sie dringend ans Herz gelegt. Einmal eingelegt verbreitet sie im Nu gute Laune. Und wenn sie bis dahin nicht gestorben sind, gibt es in zwei Jahren hoffentlich das nächste Album.

PS: Live eine absolute Granate, ärgere ich mich immer noch, dass ich zuletzt krank war und die Show im Hannoveraner Béi Chéz Heinz nicht besuchen konnte. Grummel.

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