Bei der letzten Folge von SCHATTENREICH hatte ich in den Schlussbemerkungen erklärt, dass sich die Reihe an einem Punkt befinden würde, an dem es entweder wieder etwas klarer werden würde, oder aber die Verwirrung zu groß werden würde, um dem Geschehen noch folgen zu können. ‚Echnatons Vermächtnis’ scheint genau dies beherzigen zu wollen, denn es werden zumindest keine großen Geheimnisse mehr zusätzlich in den Raum gestellt, ohne das vorher irgend etwas aufgeklärt worden wäre. Die Handlung der Folge mag vielleicht nicht kontinuierlich logisch und schon gar nicht glaubwürdig erscheinen, zumindest aber scheinen die Macher bemüht zu sein, die Zuhörer wieder ein wenig versöhnlicher zu stimmen.
Über die Produktion der Reihe kann man hingegen eigentlich nicht streiten. Kraftvoll sind die einzelnen Szenen gemixt, die immer wieder eingebundenen Gothicrock-Songs passen ins Geschehen, auch wenn sie mittlerweile immer häufiger ein wenig erzwungen wirken. Dieses mal mit von der Partie: Secret Discovery, B.O.S.C.H., Nik Page, Lola Angst, Suicide Commando, Diva Destruction sowie natürlich wieder das Berliner Filmorchester und Kammerchor.
Die Stimmen sind gut verständlich, die Sprecher machen dabei allesamt eine gute Figur und verkörpern ihre Rollen weitestgehend überzeugend. Aber in wie weit kann man überzeugen, wenn die Story weit hergeholt wirkt?
Christian Wagner befindet sich in einem Kloster. Sein Jugendfreund Adrian Bloch will ihn in die Gemeinschaft der Nephilim aufnehmen, ein Einverständnis seinerseits ist hierbei scheinbar nicht erforderlich. Mit zu dem Ritual gehört natürlich auch, dass ihm das Ankh, das er auf der Ferse tätowiert hat, mit einem blinden Auge des Horus erweitert wird. Er wird (wie in jedem Teil der Serie bislang) ohnmächtig. (Dieses Stilmittel ist inzwischen derartig ausgelutscht, dass man schon an Schwindsucht erinnert ist.) Als er wieder zu sich kommt, will ihn Walther Zürn befreien, jedoch taucht ebenfalls Tina Müller auf, die an den Absichten Walthers zweifelt und die Befreiungsaktion auf die eigene Kappe nimmt.
Zusammen mit Christian kann sie entkommen. Sie gelangen zu einem Schriftexperten, der ihnen einen Zettel übersetzen soll, den Tina in den Unterlagen von Kommisar Lohmann gefunden hat zusammen mit der DVD, die sie sich gemeinschaftlich anschauen. Auf dem Filmmaterial entdeckt Christian Otto Bloch, doch die Aufnahme muss nach dessen vermeintlichen Tod gemacht worden sein. Ist Otto Bloch vielleicht doch noch am Leben? Im Filmmaterial wird darüber diskutiert, dass eine ganz bestimmte Verformung des menschlichen Schädels zu besonderen Begabungen führen würde. Christian vermutet, dass alle Titanen und Nephilim eben diese Verformung besitzen.
Ein Hinweis auf dem Papier, dass Moritz Goldmund ihnen übersetzt hat, führt sie ins Spielcasino Monte d´Oro. An einem Senetspieltisch (so etwas gibt es ganz bestimmt in jedem gut eingerichteten Spielcasino und sollte uns an dieser Stelle also nicht weiter verwundern) entdeckt Christian zu seiner großen Überraschung Alexa und Lohmann…
Wieder einmal ist das Geschehen nur so zugeschüttet mit zufälligen Begegnungen, halbklaren Andeutungen und offensichtlichen Fragen, die aber nicht weiter geklärt werden. So ist nach seiner Ohnmacht Christians Ferse verbunden, und er verspürt einen Schmerz an dieser Stelle. Wo jeder normal denkende Mensch wohl als allererstes nachschauen würde, ob ihm nun das Zeichen der Nephilim eintätowiert wurde, scheint es Christian nicht weiter zu interessieren. Lediglich die Tatsache, dass seine Stiefel nur schwer passen, scheint ein Problem für ihn zu sein. Dass erst Walther, dann Tina ihn aus dem Kloster befreien wollen, scheint auch ganz normal zu sein. Wie sie dort hingelangt sind? Keiner weiß es. Dass Christian in dem Spielcasino just in dem Moment auftaucht, wo auch Alexa und Lohmann dort sind, auch nur ein Zufall? Oder haben sie dort auf ihn gewartet? Bei den häufigen Ohnmachtsanfällen und Entführungen, die der arme Christian Wagner in letzter Zeit erleben musste, erscheinen uns beide Varianten als eher fragwürdig. Immerhin hat er in ‚Echnatons Vermächtnis’ zu keinem Zeitpunkt irgendwelche berauschenden Getränke zu sich genommen, von denen er nicht weiß, worum es sich handelt, und musste auch auf keine Gothicparties gehen, um dort erotische Abenteuer zu erleben.
Auch, wenn sich hier langsam ein wenig Sarkasmus breit macht, muss ich gestehen, dass ich weiterhin begeistert bin von SCHATTENREICH, auch wenn mich die eingeschlagene Richtung immer mehr am langfristigen Ziel der Reihe zweifeln lässt. Die Kombination aus Gothicmusik und mystischem Allerlei ist aber auf jeden Fall eine kurzweilige Unterhaltung, der ich nun lediglich wieder ein wenig mehr Realismus und Klarheit wünschen würde. Vielleicht geht ja auch diesmal mein Wunsch in Erfüllung.