In diesen Tagen schlägt der Herbst in Hannover zu. Der Weg ins Béi Chéz Heinz führt durch tiefe Pfützen und Laubhaufen begleitet von peitschendem Wind. Beim Eintreffen im Keller schütteln wir uns wie nasse Hunde. Das ist zwar ungemütlich, passt aber doch wie die Faust auf’s Auge. Denn bei Marathonmann geht es ums Trotzdem-Weitermachen, um Sehnsucht, Freundschaft, Rebellion. Und um den Moment. Sommer, Sonne und Sangriaeimer haben hier nichts zu suchen. Das ist ein bisschen wie bei Turbostaat nur ganz anders. Nicht nordisch, sondern aus München, Iron-Maiden-Shirts statt Rotzepunk-Referenzen und die Texte von Sänger Michael sind deutlich konkreter als beim Kollegen Marten Ebsen. Bleibt also die Stimmung.
Die ist von Anfang an gut und erwartungsvoll. Marathonmann sind auf ihrer ersten Headline Tour, Storyteller haben ihr erstes Album in der letzten Woche veröffentlicht und Grey Gordon, Singer-Songwriter Support aus den USA ist gar das erste Mal überhaupt in Deutschland unterwegs. Dafür schlägt er sich souverän und schreckt auch nicht davor zurück ausgiebige Ansagen auf englisch zu machen. Das Publikum dankt es ihm pflichtbewusst.
Storyteller aus Dessau wecken Erinnerungen. Die Zeit des Poppunk ist lange vorbei. Heute sprießen nicht mehr Blink 182 Kopien, sondern konstruierte Hardcorebands wie Unkraut aus den Proberäumen des Landes. Storyteller jedenfalls machen ganz offensichtlich das, worauf sie Bock haben. Und das sind Uptempo-Beats, Jump-Jump-Riffs und Singalongs, wie es ihnen die Amis vormachen. Das wackelt hier und da und Sänger Rico ist nicht immer gut zu verstehen – trotzdem macht es insgesamt ganz einfach Spaß, der Band bei dem zuzusehen, was sie da auf und vor der Bühne tut.
Nach der Umbaupause sagen Marathonmann in erster Linie „Danke“. Zwischendurch spielen sie Songs von ihrem Album „Holzschwert“, kommender limitierter Vinyl-VÖs und eines irgendwann mal nächsten“ Albums. Einer Band, die innerhalb von nicht einmal 2 Jahren für ihr Debut-Album auf Century Media gesigned wurde und unendliche Touren hinter sich gebracht hat, gönnt man es einfach. Diesen Fleiß merkt man auch ihrem Auftritt an. Nicht routiniert, aber eingespielt. Man darf Sänger Michael an den Lippen hängen, denn – wie das so ist, sobald jemand deutsch singt – die Musik rückt einen Schritt in den Hintergrund.
Für die Zugabe lassen sich die vier Münchner nicht lange bitten. „Die Stadt gehört den Besten“ und ihr Cover von „Dein ist mein ganzes Herz“ markieren einen fulminanten Abschluss eines schönen Konzerts. Jetzt geht es mit einigen schweren Zeilen der Band im Kopf zurück in den Herbststurm.
Fotos: Viktor Schanz